Befragung/Facharbeit zum Thema

Flüchtlingsaufnahme in Dörfern und Vorstädten in den Räumen Warburg und Kassel – eine Auf- oder Abwertung?

Vor ein paar Wochen wurde eine anonyme Befragung von Dorfbewohnern in Großeneder zu dem Thema „Flüchtlingsaufnahme in Dörfern und Vorstädten in den Räumen Warburg und Kassel – eine Auf- oder Abwertung?“ durchgeführt. Einige Bewohner waren an den Ergebnissen dieser Befragung interessiert, deshalb möchte ich hier Teile der Ergebnisse der Befragung, aber auch einen Teil meiner schulischen Facharbeit, die ich mit dieser Hilfe angefertigt habe, veröffentlichen.

Vielen Dank nochmal für Ihre Unterstützung!
Samira Hördemann

1 - Einleitung

In deutschen Dörfern leben immer mehr ältere Menschen und die Dörfer verlieren immer mehr an Attraktivität. In Großeneder beispielsweise wurde 2004 das letzte Lebensmittelgeschäft wegen zu wenig Kundschaft geschlossen, 2008 wurde die Grundschule wegen zu geringer Kinderzahlen im Ort und in der Umgebung geschlossen und 2012 wurde letztendlich die Bäckerei auch aufgrund der geringen Kundschaft geschlossen. In Großeneder gibt es zum heutigen Zeitpunkt (2017) also keine bedeutenden Dienstleistungen mehr. Die Bewohner des Dorfes müssen für alle notwendigen Besorgungen und Arzttermine in die Stadt fahren. Es gibt nur noch eine Tankstelle und einen Kindergarten. Kinder müssen täglich mit dem Bus nach Borgentreich oder Warburg zur Schule fahren. Das Dorf verliert immer mehr an Bedeutung und Praktikabilität, deshalb entscheiden sich gerade junge Menschen immer öfter für das Stadtleben.

Hier sollte ernsthaft überlegt werden, wie man der Landflucht entgegenwirken kann. Das Dorf muss an Attraktivität gewinnen, damit wieder mehr Menschen im Dorf leben wollen.

Aufgrund der aktuellen Flüchtlingssituation in unserem Land wäre es eine große Chance, wenn diese Menschen das Dorfleben aufwerten würden. Flüchtlinge müssten von den Bewohnern, sowohl im Dorf als auch in der Stadt integriert und vor allem akzeptiert und willkommen geheißen werden. Es muss optimistisch oder wenigstens realistisch gedacht werden, aber auf keinen Fall pessimistisch.

Merkel sagt während einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Faymann: „Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.“ (MARC BEISE 2015:81)

Wie Angela Merkel schon formuliert hat, muss die Bevölkerung verstehen, dass die Menschen aus einer Notsituation flüchten. Man sollte sich auch mal in deren Situation hineinversetzen. Wenn die Bevölkerung also optimistischer wäre und die Flüchtlingskrise etwas positiver gesehen würde, ständen Deutschland, und vor allem den deutschen Dörfern, viele Chancen offen.

In dieser Facharbeit soll, durch zwei Fallbeispiele von der Integration von Flüchtlingen in einem Dorf bzw. in einer Vorstadt, verdeutlicht werden, ob die Flüchtlinge die deutschen Dörfer retten könnten.

2 - Generelle Informationen über die Flüchtlingssituation

2.1 - Die Fluchtursachen

In Deutschland unterscheidet man im Moment im groben zwischen Kriegs- und Armutsflüchtlingen. Doch in Zukunft wird der Flüchtlingsstrom ganz andere Dimensionen annehmen, da in absehbarer Zeit Klimaflüchtlinge dazukommen werden, so die Publizistin Daniela Dahn (HERFRIED MÜNKLER&MARINA MÜNKLER 2016:138).

Oft muss der deutsche Staat aber nicht nur unter Kriegs- und Armutsflüchtlingen unterscheiden, sondern auch nochmal zwischen einem Wirtschaftsmigrant und einem politischen Flüchtling, denn ein politischer Flüchtling ist ein Flüchtling mit begründetem Asylanspruch und ein Wirtschaftsmigrant hat keinen genuinen politischen Schutzanspruch. Doch dieses auseinanderzuhalten ist sehr schwierig und von den deutschen Entscheidern kaum zu bewältigen (HERFRIED MÜNKLER&MARINA MÜNKLER 2016:137).

Bei Kriegsflüchtlingen ist es klar, dass diese aufgenommen werden, da bei diesen nicht mehr der Rechtsgelehrte, sondern Knüppel, Wasserwerfer und Sturmgewehre herrschen würden (Navid Kermani 2016:190). Alleine durch so eine Aussage lässt sich erkennen, dass in solchen Ländern (hier: Iran) menschenunwürdige Bedingungen herrschen.

2.2 - Die Organisation der Flucht

Auf den Flüchtlingsrouten habe sich ein „Business“ entwickelt, bei dem viele ein wenig und wenige sehr viel Geld verdienen und die Flüchtlinge dies alles zu bezahlen haben (HERFRIED MÜNKLER&MARINA MÜNKLER 2016:141). Hieraus lässt sich leicht schließen, dass nur die Menschen fliehen können, die genug Geld dafür haben, die Flucht zu finanzieren. Und auch nur diese können dann die Risiken der Flucht gegen die Risiken des Bleibens abwägen, die anderen Menschen haben keine Wahl, sie müssen bleiben (Vgl. HERFRIED MÜNKLER&MARINA MÜNKLER 2016:139-140). Die Flüchtlinge müssen auf ihrer Reise Bargeld mitführen, da die Polizisten und Grenzwächter „geschmiert“ werden, Tickets für Busfahrten und Schiffspassagen gekauft und Lebensmittel beschafft werden müssen, das Geld ist sozusagen ein „Schmiermittel“ (HERFRIED MÜNKLER&MARINA MÜNKLER 2016:141,143).

Die Flüchtlinge haben bei ihrer Flucht zwei Möglichkeiten, entweder sie versuchen auf eigene Faust zu flüchten und zahlen an jedem Ort für die nächste Strecke oder sie vertrauen sich einer Schlepperorganisation an, denen ein Festbetrag gezahlt wird. Machen sie sich selbst auf den Weg, erhöht sich das Risiko, Opfer eines Überfalls zu werden. Vertrauen sie einer Schlepperorganisation, sind die Flüchtlinge vor den Schleppern ein Niemand, eine Ware. Es gibt manche Schlepperbanden, die beispielsweise so viele Flüchtlinge in den Laderäumen von Lastkraftwagen einsperren, dass diese qualvoll ersticken (Vgl. HERFRIED MÜNKLER&MARINA MÜNKLER 2016:144-145).

Das bedeutet: „Die Flüchtlinge müssen die Primärrisiken (das Verbleiben am Ort) und die Sekundärrisiken (die auf dem Weg lauernden Gefahren) gegeneinander abwägen, um eine Entscheidung zu treffen.“ (HERFRIED MÜNKLER&MARINA MÜNKLER 2016:145).

2.3 - Das deutsche Asylverfahren

Der erste Schritt des Asylverfahrens ist die Ankunft und die Registrierung. Hier werden persönliche Daten, ein Lichtbild und Fingerabdrücke gespeichert. Als Nachweis hierfür bekommen die Asylsuchenden einen Ankunftsnachweis in der für sie zuständige Aufnahmeeinrichtung oder eine Anlaufbescheinigung, wo die Adresse der zuständigen Aufnahmeeinrichtung vermerkt ist, wo sie den Ankunftsnachweis erhalten. Der Ankunftsnachweis ist für die Flüchtlinge ein erstes sehr wichtiges offizielles Dokument, wodurch sie berechtigt sind, sich in Deutschland aufzuhalten und dadurch auch berechtigt sind, staatliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Dieser Ankunftsnachweis ist eine erste Absicherung für die Flüchtlinge.

Der zweite Schritt des Asylverfahrens ist die Erstverteilung und Unterbringung. Die Asylsuchenden werden zuerst in einer Aufnahmeeinrichtung in dem Bundesland, wo sie sich registriert haben, aufgenommen. Diese Erstaufnahme kann entweder vorrübergehend oder längerfristig sein.

Im dritten Schritt des Asylverfahrens steht dann die zuständige Aufnahmeeinrichtung im Vordergrund, die für die Versorgung und Unterkunft der Flüchtlinge sorgen muss. Hier erhalten die Flüchtlinge dann auch die existenzsichernden Sachleistungen und einen monatlichen Geldbetrag für die Grundbedürfnisse im Alltag.

Der vierte Schritt des Asylverfahrens ist die persönliche Asylantragstellung. Die persönliche Antragstellung findet in einer Außenstelle des Bundesamtes oder einem Ankunftszentrum statt. Die Flüchtlinge werden von einer Dolmetscherin oder einem Dolmetscher begleitet, damit diese, die ihnen erklärten deutschen Rechte und Pflichten, gut verstehen können. Außerdem werden bei dieser Antragstellung die persönlichen Daten erfasst, wenn dieses nicht schon bei der Registrierung stattgefunden hat. Bei dieser Antragstellung sollten die Flüchtlinge, soweit wie möglich, ihre Identität nachweisen. Die Originaldokumente werden auf Echtheit überprüft. Die Antragstellenden werden dann fotografiert und es werden Fingerabdrücke genommen. Mit diesen Daten kann nun ermittelt werden, ob der Flüchtling einen Erstantrag stellt oder ob es sich bei diesem Antrag um einen Folge- oder Mehrfachantrag handelt. Zuletzt wird ermittelt, ob Deutschland oder ob ein anderer europäischer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Flüchtlinge sind somit Asylantragstellende und stehen grundsätzlich unter einer Residenzpflicht von drei Monaten, danach wird der Aufenthaltsbereich auf ganz Deutschland ausgeweitet.

Der fünfte Schritt des Asylverfahrens ist die Prüfung des Dublin-Verfahrens. Dieses Verfahren findet vor der Prüfung des Asylantrags statt. Hier wird überprüft, welcher Staat der Dublin-Staaten (Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, Norwegen, Island, Schweiz, Lichtenstein) für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Es ist nur eine Asylantragsprüfung in einem Dublin-Staat möglich, das bedeutet, wenn ein Flüchtling schon in einem anderen Land ein Asylantrag gestellt hat, stellt der Mitgliedsstaat ein Übernahmeersuchen an den Staat, wo der Flüchtling bereits ein Antrag gestellt hat. Die betroffene Person kann Klage gegen die Entscheidung erheben, sodass im gerichtlichen Eilverfahren entschieden werden muss. Diese Überstellung muss grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten stattfinden oder das Land, das die Übernahme ersucht hat, ist für das Verfahren zuständig.

Der sechste Schritt des Asylverfahrens ist die persönliche Anhörung. Dieses ist der wichtigste Termin der Antragstellenden, wo sie auch wieder von einer Dolmetscherin oder einem Dolmetscher begleitet werden. Die Flüchtlinge schildern in diesem Gespräch vor der Entscheiderin oder dem Entscheider ihre persönlichen Fluchtgründe und ihren Lebenslauf. Das Gespräch wird protokoliert und muss von dem Flüchtling unterschrieben werden.

Der siebte Schritt des Asylantrags ist die Entscheidung des Bundesamtes. Die Entscheidung ist schriftlich begründet und wird den Beteiligten, den Antragstellenden und den zuständigen Ausländerbehörden zugestellt. Bei dieser Entscheidung des Bundesamtes gibt es vier verschiedene Möglichkeiten. Entweder die Asylberechtigung wird anerkennt, der Flüchtlingsschutz wird zuerkannt, der subsidiäre Schutz wird zuerkannt oder das Abschiebungsverbot wird festgestellt. Wenn keine dieser Schutzformen zutreffen, gilt der Asylantrag als abgelehnt.

Wenn der Asylantrag also als abgelehnt gilt, bekommen die Flüchtlinge eine Ausreiseaufforderung. Aber auch bei dieser Aufforderung stehen den Betroffenen Rechtsmittel zur Verfügung und sie können gegen die Entscheidung des Bundesamtes klagen. Daraufhin entscheidet also ein Gerichtsverfahren detailliert, ob das Bundesamt zu einer Schutzgewährung verpflichtet ist oder ob die Klage abgewiesen bleibt.

Bei denjenigen, die ein Aufenthaltsrecht bekommen haben, gibt es drei verschiedene Möglichkeiten der Aufenthaltserlaubnis. Die Flüchtlinge können eine Aufenthaltserlaubnis von drei Jahren bekommen, nach diesen drei Jahren kann eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Sie können aber auch nur eine Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr bekommen, die jeweils für zwei Jahre verlängert wird. Nach frühestens fünf Jahren kann diesen Flüchtlingen eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Die letzte Möglichkeit ist eine Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr, welche wiederholt verlängert werden kann und ebenfalls nach frühestens fünf Jahren eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden kann. (Vgl. BUNDESAMT FÜR MIGRATION UND FLÜCHTLINGE 2016)

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5 - Fazit

Die Flüchtlingsaufnahme in Dörfern und Vorstädten kann sowohl eine Aufwertung als auch eine Abwertung darstellen.

Die Aufnahme von Flüchtlingen in Dörfern kann beispielsweise durch das Aufhalten der demographischen Alterung das Dorfleben aufwerten. Außerdem bringen die Flüchtlinge eine andere Mentalität mit, wodurch das Dorf auch bereichert werden könnte.

Andererseits könnte die Integration der Flüchtlinge auf den Dörfern auch nicht funktionieren und die Flüchtlinge werden von der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen. In welche, von diesen beiden Richtungen, die Flüchtlingsaufnahme geht, hängt von dem Verhalten der Flüchtlinge, aber vor allem von dem Verhalten der Dorf- bzw. Vorstadtbewohner ab.

Zum Einen müssen sich die Flüchtlinge den deutschen Gesetzen anpassen und den deutschen moralischen Regeln und Normen tolerant gegenübertreten und diese in der Öffentlichkeit auch einhalten. Wenn dieses nicht gewährleistet wird, befürchten manche Deutsche, dass Wohnviertel in den Städten und in Teilen auch in Dörfern entstehen könnten, wo nur Flüchtlinge wohnen und keine Deutschen mehr. Somit könnte sich dann eine Segregation von verschiedenen Bevölkerungsgruppen in einer Stadt bzw. in einem Dorf ergeben. Das Wichtigste, was die Flüchtlinge leisten müssen, ist das Erlernen der deutschen Sprache. Die Sprache ist sozusagen der Schlüssel für den Beginn einer gelingenden Integration.

Zum Anderen müssen die Dorf- bzw. Vorstadtbewohner die Flüchtlinge tolerieren und dürfen das Bild eines Flüchtlings, der Angst durch Terroranschläge verursacht, nicht verallgemeinern. Jeder Flüchtling muss eine eigene Chance bekommen, zu zeigen, wer er ist. Auch die Regionen, in denen die Flüchtlinge aufgenommen werden, müssen die Flüchtlinge, beispielsweise durch Sprachprogramme und Angebote sich zu engagieren, fördern. Außerdem muss beachtet werden, dass die Flüchtlingsaufnahme für die Verbesserung der deutschen Wirtschaft und für das deutsche soziale Miteinander, dem Land zugutekommen kann. Die Flüchtlingsaufnahme kann im weiten Sinne somit auch zu Aspekten der Nachhaltigkeit beitragen.

Allgemein wird in Deutschland viel über die Flüchtlingspolitik und die Integration der Flüchtlinge geredet, aber diese Ideen müssten dann auch in die Tat umgesetzt werden (vgl. DEUTSCHLANDRADIO KULTUR 2015).

Letztendlich lässt sich sagen, dass die Integration im Dorf nur dann funktioniert, wenn sich alle im Gemeinschaftsleben beteiligen. Das Prinzip „die Anderen machen das schon“ führt sicher nicht zu einer Verbesserung der Integration, so ein Dorfbewohner.

Diagramme


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